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7 Gründe, warum du ein Leben ohne Gewalt verdienst.

Mit und ohne Behinderung!

Diese Woche hat sich eine der besten Entscheidungen in meinem Leben zum ersten Mal gejährt. Vielleicht küre ich sie am Ende meines Leben auch noch zu DER Entscheidung überhaupt. 4 lange Jahre habe ich gebraucht bis ich an diesem Punkt angekommen bin. Viel zu lang. Aber das Gute an schlechten Erfahrungen ist, dass man oft irgendwann an dem Punkt ist, anderen helfen zu können. Vielleicht wäre ich schneller gewesen, wenn ich zufällig über diesen Beitrag gestolpert wäre. Darum schreibe ich ihn jetzt.

Drei Vorbemerkungen:

Ich schreibe diesen Beitrag in der Du -Form, weil ich an mich selbst schreibe, an mein Ich vor 4 Jahren, vor 3 Jahren, vor 2 Jahren. Aber das hier ist an alle gerichtet, die sich darin wiederfinden. Unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Sexualität, körperlicher und seelischer Verfassung oder Heimatsbegriff.

Die Grundlage für den Text bildet das Thema Gewalt in der Partnerschaft, weil das eine der Gewaltformen ist, die ich selbst erlebt habe. Die Gedanken gelten für nahezu jede andere gewaltvolle zwischenmenschliche Beziehung.

Du bist nicht alleine. Hol dir Hilfe. Das ist eigentlich der wertvollste aber auch der schwierigste Tipp. Am Ende stelle ich dir erste Kontaktmöglichkeiten vor. Die sieben Gedanken sind aber dafür da, erstmal überhaupt in die Lage zu kommen, Hilfe zu holen und annehmen zu können. Jedes dieser sieben Dinge habe ich selbst gedacht, gesagt, getan. Deswegen nochmal: Schäme dich nicht. Es macht dich zu keinem dummen Menschen. Das einzige was zählt ist, dass du irgendwann den Absprung schaffst. Deinetwegen.

Mauer mit großer roter Schrift: Please don't hurt me!

cc lizenz by pixabay

7 Gründe, warum du ein Leben ohne Gewalt verdienst.

 

  • 1. Es gibt mehr als nur körperliche Gewalt – Texte über körperliche Gewalt in Partnerschaften gibt es viele. Sie eignen sich für uns wunderbar, um die eigene Beziehung schön zu reden: „Wengistens werde ich nicht geschlagen, ist also alles nicht so schlimm.“ Alle Sätze, die mit „wenigstens“ oder „zumindest“ anfangen, sind keine Perspektiven. Nicht für heute und schon gar nicht für morgen, oder übermorgen. Du verdienst das beste Leben, das möglich ist. Willst du für immer ein Leben an der Mindestgrenze führen? Es gibt nicht einen einzigen Grund, dankbar dafür zu sein, nicht geschlagen zu werden. Das ist kein Geschenk, kein Liebesbeweis, das ist schlicht selbstverständlich. Und ja, es gibt mehr als körperliche Gewalt. Jede Verhaltensweise, die jemand bewusst (und zum Eigennutz) gegen dich verwendet, um dich in Situationen oder Gefühlslagen zu drängen, in denen du nicht sein willst, ist eine Form von Gewalt. Egal ob ständige Beleidigungen, emotionale Erpressung oder schlichtes, böswilliges Auslachen. Das sind nur die ersten drei, die mir eingefallen sind.

 

  • 2. „Wir haben auch gute Zeiten“ – Schlechte Momente durchlebt jede Beziehung MANCHMAL. Aber genau auf das Wort „Manchmal“ kommt es an. Denk mal an die letzten Wochen oder Monate zurück. Verbindest du „machmal“ wirklich mit den schlechten Zeiten – oder sind die guten Zeiten eher die Ausnahmen?

 

  • 3. Falsche Helden – Vielleicht der Punkt, der am ehesten auf Menschen mit Behinderungen in Beziehungen zugespitzt ist. Es gibt viele Vorteile, wenn eine der beiden eine Behinderung hat und der andere Partner nicht. Definitiv keiner davon ist, dass der nicht behinderte Partner von der Gesellschaft als aufopfernder Held auf ein Podest gehoben wird, während du der Ballast bist, der dankbar zu sein hat, der sicheren Einsamkeit entkommen zu sein. Was in einer guten Beziehung schon zum Kotzen ist, kann umso gefährlicher werden, wenn du eine Beziehung mit Gewaltpotenzial führst. Um die beenden zu können, brauchst du verdammt viel Selbstwertgefühl, das diese Gesellschaft leider fast täglich kaputtmacht. Zwei Gedanken, die vielleicht etwas retten können: 1. höre nicht hin, was wissen die anderen von deinem Leben? Nichts! 2. Du bist kein Schicksal. Dein Partner muss dich nicht ertragen, er hatte die freie Wahl, die Beziehung zu beginnen, er kann sie auch wieder beenden – und du kannst das genauso!

 

  • 4. „Ich könnte das nicht“ – Die Fortsetzung von Punkt 3: Wenn jeder dir für diesen Satz zum Thema Beziehung mit Menschen mit Behinderung einen Euro geben würde, wärst du ziemlich schnell Millionär, stimmts? Hast du schon einmal von jemanden gehört “ ach das wäre für mich kein Problem!“? Ich kann mich jedenfalls an keinen Fall erinnern. Das hinterlässt irgendwann einen Stachel, der ruft „Es gibt nur den einen Versuch für mich. Wenn ich die Beziehung beende, finde ich nie wieder jemanden.“ Erstmal: aus zahlreichen Gesprächen weiß ich, das denken ziemlich viele Menschen am Ende einer Beziehung. Du bist also nicht alleine. Die Wahrscheinlichkeit für immer alleine zu sein ist trotz Singleflut ziemlich gering. Schließlich hat diese Beziehung ja auch mal angefangen. Warum solltest also gerade du niemals einen anderen Menschen finden? Du hast Fehler? Herzlich Glückwunsch, du bist einzigartig! Aber gehen wir einfach mal zum Spaß den Worst Case durch: Ist ein Leben alleine für dich wirklich schlimmer, als ein Leben mit jemanden, der dir ständig das Gefühl gibt, nichts wert zu sein?

 

  • 5. „Er/Sie/Es ist kein schlechter/böser Mensch!“ Das glaube ich dir sofort. Kein Mensch ist nur schlecht und du hast dich ja auch irgendwann mal in diesem Menschen verliebt, weil du etwas in ihm gesehen hast. Das Traurige ist, dass wir manchmal von außen mehr sehen, als Menschen von sich selbst wahrnehmen können. Manchmal kannst du deinen Partner unterstützen, das Gute ans Licht zu holen, aber nur dann, wenn der andere dazu bereit ist. Du kannst niemanden zwingen, die beste Version seiner selbst zu sein. Menschen können nicht nur schlecht sein, weil sie bewusst schlechte Dinge machen – sondern auch, weil die guten Sachen ihnen egal sind.

 

  • 6. die Hoffnung der zweiten Chance – ich glaube an zweite Chancen. Ich glaube auch, dass Menschen sich ändern können. Wenn sie wollen. Lass deine Hoffnung nur nicht zuletzt sterben. Heißt: jemand, der beim zweiten oder zumindest beim dritten nicht begriffen hat, dass es so nicht weitergeht, wird es auch beim vierten, fünften, sechsten Mal nicht begreifen. Ich habe das sehr ausgiebig getestet Ja, manche Veränderungen gehen nicht von heute auf morgen und brauchen Geduld. Aber kleine, SICHTBARE Schritte in die richtige Richtung sind jeden Tag machbar. Es ist sinnlos, im Ziel auf jemanden zu warten, der niemals losläuft.

 

  • 7. Setze dir (mindestens!) eine Grenze. In einer Beziehung überwindet man Grenzen, weil man sich weiter entwickelt. Leider gilt das für die guten genau wie für die schlechten Grenzen. Ich erinnere mich an so viele Sachen, die ich heute niemals wieder mit mir machen lassen würde. Aber damals habe ich sie mitgemacht, weil ich viele Dinge verdrängt, heruntergespielt oder auch einfach schon so dran gewöhnt war. Ich habe viele Grenzen überschritten, weil ich die Hoffnung nicht aufgeben wollte. Aber durch die ganzen Jahre habe ich mir eine Grenze bewahrt, die mir dann auch letztendlich die Kraft gegeben hat, die Beziehung zu beenden. Für mich war das ganz klar die Schwelle, an der ich konkrete Angst vor körperlicher Gewalt hatte. Was dein „point of no return“ ist musst du selbst bestimmen, weil er so stark sein muss, dass er dich auch dann noch rausziehen kann, wenn alle anderen Stricke schon längst gerissen sind.

Am besten ist aber, wenn du stärker bist als ich damals und du dein „Point of no return“ niemals erreichst, weil du schon vorher beschlossen hast, dass du es wert bist, ein besseres Leben und eine bessere Beziehung zu führen. Sobald du für dich die Gewissheit hast, so nicht mehr weiter machen zu wollen, hol dir jede Hilfe, die du haben kannst. Rede mit Freunden, Verwandten, nimm aber auch ruhig professionelle Beratung in Anspruch!

Das sind erste Ansprechpartner:

Hilfetelefon gegen Gewalt an Frauen
Weißer Ring
Gewaltschutz für Mädchen und Frauen mit Behinderung

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